Die „Zeit ist reif“, wie es soeben im von Michael Müller dargebotenen Lied von Heinz-Rudolf Kunze zu hören war – denn es ist 5 vor 12. Der ungebremste Anstieg der Gas- und Strompreise gefährdet unzählige Existenzen und den sozialen Frieden in Deutschland. Wird die aktuelle Politik der Bundesregierung fortgeführt, steht der Standort Deutschland perspektivisch vor dem Aus. Auf dem Spiel steht nichts weniger als die Zukunft unseres Landes für die nach uns folgenden Generationen.
Dazu dürfen wir als Demokraten aus der Mitte der Gesellschaft nicht schweigen – deshalb bin ich der Einladung unseres Wirtschaftsfördervereins Bischofswerda zur heutigen Veranstaltung gern gefolgt. Ich danke allen Unternehmern des Bischofswerdaer Landes, die heute ihre Stimme erheben und allen, die mit ihrer Anwesenheit die Sorgen des Mittelstandes und dessen fleißiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilen.
Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft gehören 99 Prozent der Unternehmen in Deutschland zum Mittelstand. Auf sie entfallen zwei Drittel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und mehr als 70 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland. Der Mittelstand ist somit das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bei Wertschöpfung, Beschäftigung und Ausbildung. Dieses Rückgrat steht kurz vor der „Querschnittslähmung“ – nach zwei Jahren Corona und den rasant steigenden Energiepreisen. Geht der Mittelstand kaputt, ist der soziale Frieden nicht nur gefährdet, sondern aller Voraussicht nach zerstört. Die Aufrechterhaltung sozialer Standards ist nur mit einem starken Mittelstand möglich – Unternehmen und deren Mitarbeiter zahlen Steuern, Unternehmen fördern und unterstützen Vereine vor Ort, die damit unter anderem gesellschaftlichen Zusammenhalt erzeugen und Kultur anbieten. Die Kommune selbst wird durch fehlende
Einnahmen handlungsunfähig – kann, wenn überhaupt, nur noch Pflichtaufgaben stemmen.
Gemeinsam mit vielen weiteren Bürgermeistern in Sachsen fordere ich eine unverzügliche und unbürokratische Lösung für die Preisdeckelung für Gas und Strom zu finden. Groß angekündigte Maßnahmen der Bundesregierung mit folgender Ministerpräsidentenrunde, wie in der vergangenen Woche, müssen endlich greifbare Ergebnisse bringen. Die Verunsicherung unserer Menschen ist deutlich spürbar.
Politische Entscheidungen müssen zuverlässig sein – nicht wie aktuell: Gasumlage, doch keine Gasumlage, dafür ein Doppel-Wumms, der bisher nur eine Ankündigung ohne konkrete Fakten ist. So besteht Politik nur aus Schlagzeilen – heiße Luft ohne Substanz. Bei Bismarck hieß es, Politik sei die Kunst des Möglichen. Für Deutschland mit seiner wirtschaftlichen Stärke muss Vieles möglich sein – gerade um den Motor der wirtschaftlichen Entwicklung, den Mittelstand und seine Beschäftigten, zu schützen.
Das heißt auch, alle Kraftwerke, also auch die Atom- und Kohlekraftwerke – ohne jede ideologische Verblendung – am Netz zu lassen und im Interesse der Versorgungssicherheit auf Vollastbetrieb hochzufahren. Es müssen praktikable Lösungen gefunden werden, um die Zukunft unserer Menschen und der Firmen hier vor Ort zu sichern. Als Kommunen haben wir deshalb im Sächsischen Städte- und Gemeindetag erfolgreich auf den Freistaat Sachsen hingewirkt, kommende Haushaltsgenehmigungen, ob drohender leerer Kassen, zu erleichtern. Gleichzeitig unterstützen wir aber unseren MP auch, den Bund in die Pflicht zu nehmen.
Der Bund hat mit seinen Entscheidungen, die nur teilweise als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine begründet sind, die derzeitige Situation mit der Unsicherheit vieler arbeitender
Menschen ausgelöst.
Damit komme ich zu meiner letzten Forderung an den Bund: die nach einer verlässlichen und auf diplomatische Lösungen orientierten Außenpolitik. Hier zitiere ich Wolfgang Grupp, den für sein soziales Engagement mit Arbeitsplatzgarantie für seine 1200 Angestellten in Deutschland bekannten Inhaber und Geschäftsführer des Textilunternehmens Trigema, seit Oktober 2019 Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse „Wenn wir mit einer Großspurigkeit für Milliarden Waffen in die Ukraine liefern und gleichzeitig sagen: Kein Problem, das müssen die Bürger und die Wirtschaft bezahlen. Das sind Aussagen, die ich nicht verstehen kann. Ich habe noch nie erlebt, dass man einen Streit beendet, indem man dem einen ein größeres Messer und dem anderen eine größere Axt gibt.“ Und weiter: „Wir hätten diesen Krieg … durch Diplomatie und Gespräche verhindern müssen. Wir können ihn jetzt auch nicht ewig durch Waffenlieferungen verlängern. Ich bin der festen Überzeugung, dass es in diesem Krieg keine Sieger, sondern nur Verlierer geben wird.“ Ich sage: im Mittelpunkt deutscher Außenpolitik müssen der Erhalt des Friedens in Europa und unsere Interessen stehen, nicht die verfeindeter Weltmächte.
„Die Zeit ist reif, für ein riesiges Erwachen!“
Holm Große
Bürgermeister der Stadt Bischofswerda
Vorsitzender des Freie Wähler Kreisverbandes Bautzen e. V.