Der Zustrom an Asylbewerbern beschäftigt die Tagespolitik mindestens seit dem Jahr 2015. In zunehmender Weise hat sich die Einsicht gefestigt, dass ein ungebremster, unkontrollierter Zugang von breiten Kreisen der Zivilbevölkerung aus nachvollziehbaren Gründen abgelehnt wird. Aber auch hier gibt es, wie sonst auch im Leben, mehrere Perspektiven und auch sehr unterschiedliche Meinungen.
Da sind es jene, die nach wie vor vor Verfolgung, Repressalien oder auch Diskriminierung oder Krieg Schutz suchen. Daneben ist jedoch ebenso festzustellen, dass sich ein hoher Anteil Migranten schlicht und ergreifend ein besseres Leben wünscht oder in anderen Lebensverhältnissen leben möchte. Es ist auch zu verstehen, wenn sich aus der Anfangszeit, der in den Jahren nach 2015 an den Tag gelegten Bereitschaft zu helfen, aus einer zum Teil propagandistisch ausgeschlachteten Willkommenskultur zunehmend eine „Kultur“ der Ablehnung und Abneigung in Teilen der Bevölkerung entwickelt hat.
Viele, die seinerzeit auf die Folgen einer ungebremsten Zuwanderung hingewiesen haben, wurden „abgebürstet“ und mit zum Teil „hohlen“ Reden lautstark in die Ecke, meistens in die rechte, gedrängt.
Jetzt muss gehandelt werden, es ist offenkundig, dass es so nicht geht!
Offensichtlich gelangt die Bundesregierung zu der Annahme (Einsicht), dass einerseits Fehlanreize für sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge bestehen und eingedämmt werden müssen, und andererseits die Zurückweisung von Migranten, die nach Prüfung kein Bleiberecht haben, sich äußerst schwierig darstellt. Streng genommen beobachte ich in unserer so genannten einheimischen Bevölkerung eine große Akzeptanz gegenüber von so genannten „Ausländern“. Seien es die Imbissbetreiber oder andere Berufsgruppen, wie z. B. Ärzte.
Es ist ziemlich klar, dass die zum Teil wachsende Abneigung gegenüber Migranten unter anderem durch das bisherige staatliche Handeln selbst verschuldet wurde bzw. wird.
Mit der Einführung der sogenannten Bezahlkarte soll für Gruppen von Asylbewerbern das Hierherkommen und Hierbleiben unattraktiv gemacht werden. Das ist ein Gedanke, der aus der vorher genannten Beschreibung heraus nachvollziehbar scheint, aber nicht in jedem Fall ist. Das Schlimme ist, dass eigentlich nur noch die Frage im Raum zu stehen scheint, wie wir den Anderen, den Fremden, loswerden.
Stellen wir für uns doch einmal eine ganz andere Überlegung an: Wann wird Menschen im Regelfall Respekt und Achtung entgegengebracht? Wann haben sie selbst – die Fremden – am ehesten ihre eigene Würde bewahrt? Die Antwort ist ganz einfach: Wenn sie etwas für andere tun, wenn sie gebraucht werden und wenn eine Gemeinschaft dies auch fordert.
Kurzum, es gibt im gemeinnützigen Bereich, im öffentlichen Sektor genügend sinnvolle Arbeit. Auch in sozialen Arbeitsfeldern ist dies der Fall. Hier denke ich u. a. zuerst an unterstützende Arbeiten in Pflegeheimen, Kindereinrichtungen, Schulen und auch Krankenhäuser. Der Gedanke dahinter ist, dass diese Verpflichtung nach einer Zeit der Eingewöhnung und auch des Ankommens grundsätzlich für jeden Migranten bestehen muss. Es sei denn, der Betroffene kann selbst eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit nachweisen. Selbstverständlich sind ältere Menschen, Kranke, Mütter, die sich um ihre Kinder kümmern müssen, von dieser Überlegung ausgenommen. Würde diese Forderung nach Mitarbeit für die Gemeinschaft erhoben, dann wäre der Ruf nach einer Bezahlkarte möglicherweise nicht erforderlich.
Derzeit scheint die Notwendigkeit, unter den jetzigen Rahmenbedingungen nach einer Bezahlkarte und damit den Verzicht auf Bargeldzahlungen, zu bestehen. Denn selbst der Brandenburgische Ministerpräsident Woidke ist der Ansicht, dass mit der Einführung der Bezahlkarte seiner Meinung nach der Bargeldtransfer ins Ausland unterbunden bzw. erschwert würde.
Zunächst vertreten wir die Ansicht, dass die Einführung der Bezahlkarte vorgenommen werden sollte. Es müssen nicht schon zu Beginn alle Bedenken „dieser Welt“ aufgetürmt werden. Einfach machen. Dass es bessere, nutzbringendere Lösungen geben könnte, wurde zuvor versucht deutlich zu machen.
Ältere Menschen oder sehr alte Menschen in Pflegeheimen werden dort gut betreut, das wollen wir betonen. Aber haben die Pflegekräfte z. B. wirklich die Zeit, die Alten, meist immobilen Menschen, mit ihrem Rollstuhl an die frische Luft zu fahren? Warum können dies nicht Asylbewerber tun, die zu uns gekommen sind, um Schutz zu suchen oder auch weil sie einfach ausgedrückt ein besseres Leben führen wollen? Stellen wir uns gemeinsam in dieser Sekunde mal vor, es würde so gemacht. Der hilfsbedürftige Deutsche wäre und er würde es begreifen, auf die gute Tat des Asylbewerbers/-in angewiesen. Er würde dies schätzen. Dies ist etwas völlig anderes, als wenn die Menschen hier, die zu uns kommen, ohne der Verpflichtung der Gegenleistung alimentiert werden.
Zu dieser Überlegung gehört auch ein weiterer Grundsatz: Ein Handeln des Staates ohne Konsequenz ist sinnlos.
Das Signal an den Fremden, denjenigen, der sich um Asyl bemüht, sollte generell sein: Ja, Du bist willkommen. Wir sorgen für Dich, für Dein Wohlergehen, für medizinische Betreuung, die Bildung Deiner Kinder und vieles mehr. Wir sind bereit zu helfen und wir erwarten, dass Du Deiner Pflicht zur Mitarbeit in der Gemeinschaft nachkommst. Wir müssen für Dich aber auch die Voraussetzungen dafür schaffen. Und wenn Du das dann nicht tust, obwohl Du es kannst, dann hast Du auch keinen Anspruch, etwas zu bekommen. Und wir haben auch die Kraft, Dir zu sagen, dort ist die Tür.
Unsere Sicht auf das Pilotprojekt Bezahlkarte für Asylbewerber: Vor- und Nachteile im Vergleich zur aktuellen Regelung
Die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber war längst überfällig. Der Landkreis tut gut daran, die Möglichkeit zur Einführung der Bezahlkarte schnellstmöglich umzusetzen. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber sicherlich ein Irrglaube zu denken, dass damit urplötzlich alle Probleme gelöst sind bzw. gelöst werden. Viele Probleme bleiben: Die Integrationsfähigkeit unseres Landes (oder spezifischer: unseres Landkreises) wurde innerhalb kürzester Zeit bis auf das Maximum und darüber hinaus überstrapaziert. Plätze in Sprach- und Integrationskursen sind begrenzt. Es fehlt an Lehrkräften, Sozialpädagogen und Jugendsozialarbeitern. Wir brauchen vernünftige Integration, bei der wir entscheiden, wer kommt und nicht der Schleuser. Daher war auch die Einführung der stationären Grenzkontrollen an der Grenze zu Polen und Tschechien Mitte Oktober 2023 ein längst überfälliger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Vorteile der Bezahlkarte für Asylbewerber:
Grundsätzlich wird ein menschenwürdiges Leben mit Bezahlkarten sichergestellt. Durch die Auszahlung von Bargeld an Asylbewerber wurde lange Zeit ein falscher Anreiz gesetzt. Die Leute verstehen zum Teil nicht bzw. haben zum Teil nicht verstanden, dass sie mit dem bisher ausgehändigten Bargeld ihren Lebensunterhalt bestreiten sollten. Viele setzten es für andere Zwecke ein. Durch die Einführung der Bezahlkarte wird nun die Überweisung von Geldbeträgen in die Herkunftsländer der Geflüchteten unterbunden, die so zum Teil den Lebensunterhalt ihrer Familien in den Heimatländern finanzierten oder ihre Kosten bzw. Schulden für die Schleusung („Schlepperkosten“) tilgten. Die Bezahlkarte bietet insofern definitiv den richtigen Lösungsansatz.
Nachteile der Bezahlkarte für Asylbewerber:
Falls die Nutzung der Bezahlkarte nur regional möglich sein sollte oder auf Landkreise bzw. bestimmte Postleitzahlen beschränkt sein sollte, führt dies zu Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit der Geflüchteten. Dies könnte ein Angriffspunkt für das gesamte System sein.
Falls die Nutzung der Bezahlkarte auf ausgewählte bzw. bestimmte Geschäfte beschränkt sein sollte, z.B. ausschließlich große Supermarktketten und keine „kleinen Läden“, führt dies zu Einschränkungen in der Entscheidungsfreiheit der Geflüchteten.
Ist es richtig, dieses Pilotprojekt jetzt durchzuführen, anstatt auf die bundeseinheitliche Regelung ab 2025 zu warten?
Aufgrund der Argumentation in der vorangegangenen Fragestellung halten wir es für richtig, dieses Pilotprojekt bereits jetzt durchzuführen und das Projekt Bezahlkarte schnellstmöglich in Angriff zu nehmen und umzusetzen.
Mögliche Herausforderungen bei der Umsetzung der Bezahlkarten und Lösungsansätze
Mögliche Probleme oder Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Bezahlkarte sind in den oben genannten Nachteilen der Bezahlkarte für Asylbewerber niedergeschrieben. Darunter zählen vor allem die Einschränkung der Bewegungsfreiheit / Reisefreiheit + Entscheidungsfreiheit. Weitere mögliche Probleme oder Schwierigkeiten für den Landkreis könnten sein: keine geeigneten Anbieter bzw. Bewerber zur Einführung der Bezahlkarte im Landkreis Bautzen + Probleme im technischen Ablauf / in der technischen Umsetzung (Funktionalität der Bezahlkarte im Echtbetrieb).
Kann es mit den aktuellen Planungen gelingen, Zuzugsanreize zu verringert und die Finanzierung von Schlepperkriminalität zu bekämpfen, wie vom Landkreis Bautzen erklärt?
Da wir mit den internen Planungen und Vorhaben des Landkreises zur Einführung / Umsetzung der Bezahlkarte im Echtbetrieb (Verfügungsumfang der Bezahlkarte sowie Einschränkungen und Grenzen der Bezahlkarte) nicht vertraut sind, können wir dazu keine Aussage treffen. Die vom Landkreis angesprochenen Hintergründe zur Einführung der Bezahlkarte (Verringerung Zuzugsanreize (Wegfall Pull-Faktor) + Bekämpfung der Finanzierung von Schlepperkriminalität) ergeben grundsätzlich Sinn.
Wir können nur so viele Geflüchtete aufnehmen, wie wir auch integrieren können.
Unterbringungsmöglichkeiten (zentral oder dezentral; aber vor allem zentral) sind begrenzt und vielerorts bereits erschöpft.
Kapazitäten in Sprach- und Integrationskursen sind begrenzt (sowohl im Hinblick auf freie zur Verfügung stehende Teilnehmerplätze als auch im Hinblick auf verfügbares, fachkundiges Personal zur Durchführung der Kurse) / Sprach- und Integrationskurse stehen einer Vielzahl von Geflüchteten nicht zur Verfügung.
Bezahlbarer Wohnraum steht nur begrenzt zur Verfügung; der Druck auf den Wohnungsmarkt wurde durch den Russland-Ukraine-Konflikt und die damit verbundene Einreise / Flucht vieler Ukrainer nach Deutschland zusätzlich verschärft.
Ausgabe von Bargeld war lange Zeit ein Pull-Faktor -> durch die Einführung der Bezahlkarte wird die Möglichkeit der Überweisung oder mobilen Zahlung von Geldbeträgen zur Tilgung von „Schlepperkosten“ verhindert -> damit werden andererseits aber auch Anreize für Schlepper und Schleuser reduziert, die Schleusungshandlung überhaupt vorzunehmen (= Kettenreaktion).